LEISTNER ANWALTSKANZLEI

Deutschsprachiger Anwalt in Pretoria, Südafrika


ARBEITSRECHT

Das südafrikanische Vertragsrecht beruht auf dem Prinzip der Vertragsfreiheit. Dementsprechend bindet sich jeder Vertragspartner freiwillig, selbst durch nachteilige Verträge. In einem Lande wie Südafrika, wo die Arbeitslosigkeit 40% übersteigt, sind Arbeitsverträge infolge der weithin ungleichen Unterhandlungsfähigkeit der Vertragspartner oft problematisch. Arbeitnehmer sehen sich infolge ihrer wirtschaftlichen Lage vielfach genötigt, einen Arbeitsvertrag abzuschließen, selbst wenn dieser ihnen wenig Vorteile bietet.

Dahingegen steht laut der südafrikanischen Verfassung jedem das Recht auf faire Arbeitsbedingungen zu, ebenso das Recht auf Mitgliedschaft einer Gewerkschaft bzw. einer Arbeitgeberorganisation (s 23 1996 Constitution). Es ist darum unbedingt erforderlich, dass Arbeitsverträge und Arbeitsbedingungen juristisch klar geregelt werden. Gegenwärtig kommt Südafrikas Verfassung im Arbeitsrecht durch drei grundlegende Gesetze zur Geltung. Diese beziehen sich ausschließlich auf Arbeitnehmer, nicht auf selbständig Beschäftigte. In Rechtsfällen muss häufig das Gericht vorab entscheiden, ob eine bestimmte Person tatsächlich Arbeitnehmer ist.

Der Basic Conditions of Employment Act 1997 (BCEA) schreibt die Mindesterfordernisse für Arbeitsverträge vor, u.a. hinsichtlich Arbeitszeit, Überstunden, Urlaub, Feiertage, Freizeit, Bezahlung und ärztliche Behandlung. Bemerkenswerterweise schreibt der BCEA keine Mindestlöhne vor, ermöglicht es jedoch dem Arbeitsminister, Sectoral Determinations anzukündigen, welche die Geltung des Arbeitsrechts in bestimmten Wirtschaftsbereichen und geographischen Gebieten festlegen. Diese Sectoral Determinations können u.a. Mindestlöhne vorschreiben, wie z.B. für Hausangestellte (domestic workers). Überdies ist der Arbeitsminister befugt, Arbeitnehmer mit besonders hohem Einkommen von den Bestimmungen des BCEA auszuschließen. Manche Arbeitnehmer, wie etwa im Geheimdienst, unterliegen gleichfalls nicht den Bestimmungen des BCEA.

Der Labour Relations Act 1996 (LRA) schreibt die Bedingungen für Tarifunterhandlungen (Collective Bargaining) vor, ebenso die jeweiligen Rechte von Arbeitnehmern und Arbeitgebern hinsichtlich Streiks, sowie die Bedingungen für die Entlassung von Arbeitnehmern. Bei unrechtmäßiger Entlassung (unfair dismissal) steht dem Arbeitnehmer das Recht auf Wiedereinstellung bzw. Entschädigung zu. Im Falle von Entlassung, muss der Arbeitgeber den Beweis erbringen, dass er entlassen worden ist. Der Arbeitgeber muss dann die Rechtmäßigkeit der Entlassung beweisen. Erst danach ist der Arbeitgeber berechtigt, den Arbeitnehmer zu entlassen.

Entlassung wird im LRA umschrieben und schließt auch Kündigung durch den Arbeitnehmer ein, wenn dieser die Arbeitsbedingungen als unerträglich empfunden hat (s 186). So kann eine Frau, welcher die anzüglichen Witze und sexuellen Belästigungen seitens ihrer Kollegen unerträglich werden, kündigen und sich auf unfaire Entlassung berufen (constructive dismissal). Das setzt allerdings voraus, dass sie den Arbeitgeber über ihre Situation unterrichtet und dieser sich außerstande erwiesen hat, das Problem zu lösen.

Die Rechtmäßigkeit einer Entlassung wird anhand ihrer Begründung (substantive fairness) sowie des damit verbundenen Vorgehens (procedural fairness) bestimmt. Laut LRA, sind bestimmte Entlassungsgründe automatisch unrechtmäßig: u.a. Entlassung aufgrund von Schwangerschaft oder Mitgliedschaft einer Gewerkschaft (s 187). In derartigen Fällen steht Rechtmäßigkeit nicht zur Debatte.

Das südafrikanische Recht anerkennt wesentlich nur drei rechtmäßige Gründe für Entlassung:

   1.   Arbeitsunfähigkeit (Incapacity) infolge von Krankheit, Unfall oder ungenügender Arbeitsleistung

   2.   Vergehen (misconduct)

   3.   Veränderte geschäftliche Bedingungen für das Unternehmen (operational requirements)

Der LRA gibt Richtlinien sowohl für Begründung sowie für Vorgehen bei Entlassung. Je nach Begründung der Entlassung unterscheiden sich sowohl diese Richtlinien als auch das gebotene Vorgehen.

An dritter Stelle ist der Employment Equity Act 1998 (EEA) zu nennen. Dieser verfolgt zwei Ziele: Erstens berechtigt er in gleichem Maße Arbeitnehmer sowie Bewerber um Arbeit und verbietet unrechtmäßige Diskriminierung. So wurde es z.B. der südafrikanischen Luftfahrtgesellschaft South African Airways untersagt, einem HIV-positiven Flugkellner die Einstellung aufgrund seines Gesundheitszustandes zu verweigern (Hoffman v. South African Airways 2001 (1) SA 1 (CC)).                                                                                                                                       Zweitens schafft er die Voraussetzungen für gleichberechtigte Beschäftigung (Employment Equity). das bedeutet, dass bestimmte Arbeitgeber (designated employers), wie etwa der Staat oder größere Betriebe verpflichtet sind, einen Plan zu entwerfen und auszuführen, um ausdrücklich angeführte Gruppen von Arbeitnehmern (designated employees) in ihr Unternehmen einzugliedern, in der Praxis vor allem schwarze Südafrikaner, Frauen und Behinderte.


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